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GEDANKEN &

HINWEISE

Erklärungsansätze - Pferdegestützte Therapie

Durch pferdegestützte Therapie werden Veränderungsprozesse im Menschen gezielt angeregt und mit professioneller Hilfe reflektiert und begleitet. Es gibt heutzutage diverse theoretische Erklärungsansätze aus der Wissenschaft, die die Effekte und Auswirkungen pferdegestützter Therapie genauer beleuchten. Es besteht unverkennbar eine natürliche Affinität zwischen Menschen und Tieren, die bei einer Kontaktaufnahme Bindungserfahrungen im Sinne der Bindungstheorie (Bowlby/Ainsworth) ermöglichen.

Die Interaktion mit Pferden aktiviert durch die non-verbale Kommunikation das Erfahrungssystem und nicht das verbal-symbolische System (Beetz: Tiergestützte Interventionen). Tiere kommunizieren auf non-verbaler analoger Ebene, was dem Menschen im Bewegungsdialog lehrt, seine Körpersprache einzusetzen und zu einem beziehungsstiftenden Moment führt. Pferde treten Menschen echt, ehrlich und offen gegenüber; sie schätzen den Menschen unvoreingenommen wert, so wie er ist und nehmen Gefühle und Emotionen sehr fein und empathisch wahr . Das Pferd gibt aus dem Moment heraus eine präzise Rückmeldung. Es kommt vor, dass Menschen, die sich dem Feedback eines Therapeuten, Pädagogen oder Bewährungshelfers völlig verschlossen haben, die Wahrheit als Rückmeldung dann aber von einem Pferd akzeptieren können. Ein Teil der Aufgabe des Therapeuten ist es dann, den Menschen zu befähigen, das Pferd selbst zu lesen. Die Grundbedürfnisse des Menschen nach Nähe und Körperkontakt können auch im Kontakt mit dem Pferd angesprochen werden und zu Entspannungsprozessen sowie Stimmungsaufhellung anregen. In der Interaktion mit dem Pferd können zudem Selbstwirksamkeitserfahrungen erlebt werden, durch die Selbstwert und Selbstvertrauen aufgebaut und Ressourcen gestärkt werden können. Pferde sind als Tiere soziale Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen. Durch das Lernen am Modell können Sozialkompetenzen und - Verhaltensweisen auf das eigene Sozialleben übertragen werden. Menschen und Pferde sind in sozialen und emotionalen Bereichen des Gehirns ähnlich aufgebaut und somit bestehen ähnliche Mechanismen zur Stressbewältigung und auch ähnliche Persönlichkeitstypen. Dies ergibt eine Grundlage für gegenseitiges Verstehen und eine Kommunikation über die Speziesgrenze hinweg wird möglich. Pferde haben als Fluchttiere ein hochsensibles Wahrnehmungssystem und können Gemütszustände und Emotionen ehrlich spiegeln bzw. in ihrer Reaktion im Affekt aufnehmen und abstimmen. Was passiert ähnelt eher einem tiefen, instinktiven Hinein- und Zuhören des Pferdes in den emotionalen Zustand und die Körpersprache des Klienten - mit der gleichen Art von tiefer Präsenz, die Pferde in jedem Moment ihres Lebens zu zeigen scheinen. Dieser Prozess zwischen Pferd und Mensch wird oft als Spiegeln bezeichnet. Es ist jedoch wesentlich mehr als das. 

Erklärungsansätze - Natural Horsemanship

Natural Horsemanship ist eine Philosophie, welche in jede Zielsetzung in der Arbeit mit Pferden integriert werden kann. Es handelt sich dabei nicht um eine bestimmte Technik, Übungsabfolge oder Reitweise, es wird nicht über Knotenhalfter und Seilschütteln definiert und es bedeutet auch nicht immer nur Bodenarbeit. Natural Horsemanship beschreibt eine innere Haltung, eine Lebenseinstellung des Menschen dem Pferd gegenüber. Es bedeutet gegenseitiges Vertrauen und Respekt in der Interaktion und Beziehung. Keinesfalls sollte die Interaktion zwischen Pferd und Mensch, gleich einem Puppenspielers beim Führen seiner Marionette, autokratisch oder chauvinistisch sein. Auch das anthropomorphisieren (vermenschlichen) oder allzu zielgerichtetes geradliniges Denken ist in der Interaktion mit Pferden hinderlich. Natural Horsemanship heißt zu versuchen, sich bestmöglich und für das Pferd auf natürliche Art und Weise mit ihm zu verständigen und auf seine Bedürfnisse einzugehen. Es bedeutet ausserdem, sich dem Pferd als kompetente Person darzustellen, der es in allen Lebenslagen vertrauensvoll folgen kann. Natural Horsemanship meint, dem Pferd die Möglichkeit zu geben, stets eine Lösung zu suchen, Fehler ungestraft zu machen, um schlussendlich mit Hilfe des Menschen die erwünschte Lösung der Aufgabe zu finden. Natural Horsemanship soll ein Weg darstellen, eine Brücke zwischen Mensch und Pferd zu bauen, die aus Kommunikation, Kompetenz und Präsenz besteht. Das Studium von Natural Horsemanship soll den Menschen dazu befähigen, die eigenen Gedanken und Ziele zu denen des Pferdes werden zu lassen. Dies bedeutet, stets mit dem Pferd und für das Pferd und nicht gegen das Pferd zu arbeiten. 

 

Schon in frühen Zeiten fragten sich Menschen, die tagtäglich mit Pferden zusammenarbeiteten, ob es nicht vielleicht produktiver für ihre Arbeit sein könnte, mit dem Pferd zu arbeiten, anstatt gegen es. Schnell fanden sie heraus, wie viel effektiver die Arbeit mit dem Pferd verrichtet werden konnte, wenn sie das Pferd als Partner ausbildeten und die ihm innewohnende Natur und seine Grundbedürfnisse berücksichtigten. Seit der Zeit von Xenophon (430-354 v. Chr.) gab es Menschen, die das Pferd und sein Verhalten studierten und darüber nachdachten, was im besten Interesse der Beziehung zwischen Pferd und Mensch lag. Angeführt von Antoine de Pluvinel (um 1552 n. Chr.), sahen bald auch Trainer der Dressur und der klassischen Reitweisen in Europa, wie z.B. Walter Zettl oder Nuno Oliviera das Pferd in allen Bereichen der Reitkunst als Partner an. In den USA wurde die Natural Horsemanship Bewegung in den frühen 1900 Jahren vor allem durch Cowboys wie Tom Dorrance, Ray Hunt und später Troy Henry und Ronnie Willis geprägt. Diese waren auch die Lehrmeister der heutigen bekannten Natural Horsemanship Trainer wie Pat und Linda Parelli, Mark Rashid, Buck Brannaman, Clinton Anderson oder John Lyons. Unabhängig von der Art des Sattels, den sie benutzen, versuchen Natural Horsemanship Trainer, die natürlichen Instinkte, die Psychologie und das Herdenverhalten eines Pferdes zu nutzen, anstatt Angst, Gewalt, Einschüchterung, Schmerz oder Dominanz zu verwenden, um das Pferd für menschliche Belange zu trainieren.

Das Parelli Programm beispielsweise, das von Pat Parelli begründet wurde, konzentriert sich auf das Studium des Pferdeverhaltens und den natürlichen Umgang mit Pferden. Die Eckpfeiler des Programms sind das Streben nach ständiger Selbstverbesserung und die Bestätigung, dass die Verbesserung der Fertigkeiten im Umgang mit Pferden eine lebenslange Aufgabe derjenigen ist, die sich für das Pferd begeistern. Das Programm ermutigt die Schüler, kreative Fähigkeiten zum Lösen von Problemen zu entwickeln und lateral zu denken, wobei das non-verbale Feedback und der Ausdruck des Pferdes wegweisend sind. Horsemanship bedeutet in diesem Sinne, in allem Denken und Handeln mit Pferden, stets die Perspektive des Pferdes zu berücksichtigen (The Parelli Programme, 2012). 

Die Entwicklung eines tieferen Verständnisses der non-verbalen Kommunikation des Pferdes und wie sie sich in seinem Verhalten manifestiert ist für ReittherapeutInnen in der Arbeit mit KlientInnen eine wichtige Fähigkeit, um eine hohe Qualität der pferdegstützten Therapie zu gewährleisten. Durch Natural Horsemanship lernt das Pferd durch den Menschen ruhiger, schlauer, mutiger und athletischer zu werden. Der Mensch erlebt auf dem Pferd wie es ist, unbeschwert zu sein. Er lernt durch das Pferd sich kraftvoll und doch einfühlsam zu verhalten. Gleichzeitig lernt er die Qualitäten eines guten Anführers auszustrahlen: Geduld, Durchsetzungsfähigkeit, weder zu aggressiv noch zu weich Kommunizieren, emotionale Zentrierung und  Selbstverantwortung. Natural Horsemanship ist nichts, das man anstelle einer bestimmten Reitweise betreibt, sondern lediglich ein anderer Ansatz, um die gewünschten Ziele einer Reitweise zu erreichen. Dementsprechend ist das Wissen aus dem Studium des Natural Horsemanship sowohl für die Ausbildung und Gesunderhaltung von Therapiepferden als auch für die Persönlichkeitsentwicklung der Therapeuten nutzbar und bringt zusätzlich Methoden und Anwendungsmöglichkeiten für die pferdegestützte Therapie mit sich.

„Es ist eine Grundausbildung für Mensch und Pferd, welche auf gegenseitiger Kommunikation, auf Respekt und Vertrauen zwischen Mensch und Pferd basiert und welche die unterschiedlichen Ansprüche der verschiedenen Pferdepersönlichkeiten berücksichtigt. Es geht in erster Linie darum, die Bedürfnisse und Instinkte des Pferdes besser zu verstehen und dieses Wissen im Alltag anzuwenden, um Problemen vorzubeugen, bevor sie überhaupt entstehen können.

Der Fokus der Ausbildung liegt auf folgenden Schwerpunkten: Erfolg ohne Gewalt, Partnerschaft ohne Dominanz, Teamwork ohne Angst, Bereitwilligkeit ohne Einschüchterung, Harmonie ohne Zwang.

Dabei geht es nicht nur ums Pferd; es geht auch um unsere eigene persönliche Entwicklung, unsere Fähigkeiten in Bezug auf Kommunikation, Führungsqualitäten, Konsequenz, Aufrichtigkeit und Verantwortung.“

Parelli Natural Horsemanship, 2020

Literatur:

Beetz, A., Riedel, M., & Wohlfarth, R. (Eds.). (2021). Tiergestützte Interventionen: Handbuch für die Aus-und Weiterbildung. Ernst Reinhardt Verlag.

Hediger, K., & Zink, R. (2020). Pferdegestützte Traumatherapie. Ernst Reinhardt Verlag.

Knapp, S. (2013). More than a mirror: Horses, humans & therapeutic practices. Horse Sense of the Carolinas.

Parelli, P., Kadash, K., & Parelli, K. (1993). Natural horse-man-ship. Colorado Springs, CO: Western Horseman.

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